Wie denken Bundestags-Kandidatinnen und -Kandidaten über den Konflikt Fulder Aue – Ilmen Aue und über Wassersport/Naturschutz? Stellungnahmen:
Kandidatinnen und Kandidaten aus fünf führenden Parteien, die sich um einen Sitz im Deutschen Bundestag bewerben, hat die Interessengemeinschaft Inselrhein in der Woche vor der Bundestagswahl via E-Mail angeschrieben und um eine Stellungnahme zum Thema Wassersport/Naturschutz gebeten, speziell zum Konflikt um die Ilmenaue – Fulder Aue. Adressiert waren Kandidatinnen und Kandidaten in den Wahlkreisen 177 (Rheingau-Taunus – Limburg) und 204 (Mainz und Landkreis Mainz-Bingen).
Politische Präferenzen von Mitgliedern der Interessengemeinschaft Inselrhein sind damit nicht verbunden. Um jeden Verdacht politischer Priorisierungen auszuschließen, listen wir die Antworten in der zeitlichen Reihenfolge auf, wie sie bis Donnerstagabend (20.02.) eingegangen sind. Kein Kommentar unsererseits darüber, wer wann und wie geantwortet hat, bzw., wer nicht (!). Den Text der Anfrage finden Sie unten nach den Stellungnahmen.
- Anfrage
- Klaus-Peter Willsch, CDU
- Patric-Berges, AfD
- David Dietz, FDP
- Martin Rabanus, SPD
- Ayse Asar, Die Grünen
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Klaus-Peter Willsch, CDU (Wahlkreis 177):
„Vor einigen Tagen habe ich dem Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, ein Schreiben zu der von der SGD Süd geforderten ganzjährigen Sperrung der Stillwasserflächen im Naturschutzgebiet Fulder Aue und Ilmen Aue geschickt. Darin habe ich ihn aufgefordert, eine klare und unmissverständliche Erklärung abzugeben, dass eine ganzjährige Sperrung des Wassersportreviers nicht in Betracht kommt.“
Im Weiteren verweist Willsch auf seine Forderungen an den Verkehrsminister Volker Wissing auf Instagramm und Facebook und eine Pressemitteilung vom 15. Februar, Überschrift: „Willsch fordert Klarheit: Keine ganzjährige Sperrung der Fulder Aue und Ilmen Aue“. Auszug daraus:
„Dieses Gewässer unterliegt bereits der Naturschutzgebietsbefahrensverordnung, die ein Befahren zwischen Mitte Oktober und Anfang April untersagt, um Vögeln und Wassertieren ungestörte Ruhephasen zu ermöglichen. Ein darüber hinausgehendes Verbot ist nicht notwendig und würde den Wassersport in der Region erheblich beeinträchtigen. ….
… Die betroffenen Wassersportvereine haben mehrfach konstruktive Vorschläge gemacht, um den Naturschutz weiter zu verbessern, ohne ihre eigene Existenz zu gefährden. Nach Einschätzung aller örtlichen Beteiligten sind über das bestehende saisonale Befahrensverbot hinaus keine weiteren Maßnahmen erforderlich. Diese Einschätzung teile ich ausdrücklich“
[Anmerkung: Das Statement wurde leicht gekürzt]
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Patric Berges, AfD (Wahlkreis 204):
„Ihre Schilderung zeigt einmal mehr, wie unausgewogen und ideologisch überladen Naturschutzmaßnahmen mittlerweile umgesetzt werden. Zum Nachteil der Menschen, die seit Jahrzehnten naturverträglichen Wassersport betreiben und diese Gewässer auch für Ausbildung und Freizeit nutzen.
Grundsätzlich setzt sich die AfD für einen Naturschutz mit Augenmaß ein, der den Menschen nicht aus seiner eigenen Umgebung verdrängt.
Gerade in dicht besiedelten Regionen wie dem Inselrhein ist es unverhältnismäßig, wenn unter Berufung auf fragwürdige Gutachten pauschale Verbote verhängt werden, während gleichzeitig eine hochfrequentierte Wasserstraße, Bahntrassen und Luftverkehr als unproblematisch gelten. Das zeigt eine Doppelmoral, die nicht hinnehmbar ist. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass gerade im Bereich Wassersport durch die Mehrheit der Menschen Naturschutz ohnehin großgeschrieben wird, um das Hobby auch nachhaltig zu ermöglichen. …
… Zum konkreten Fall: Dass die SGD Süd erst ohne Ankündigung ein Befahrungsverbot erlässt, dieses dann aussetzt und sich letztlich für unzuständig erklärt, ist ein Paradebeispiel für Verwaltungschaos und fehlende Verlässlichkeit staatlichen Handelns.
Dass der Fall nun an das Bundesverkehrsministerium abgegeben wurde, bietet zumindest die Möglichkeit einer sachlicheren Prüfung auf Bundesebene.
Ich werde mich gerne dafür einsetzen, dass naturverträglicher Wassersport weiterhin möglich bleibt und die Interessen der Anwohner, Vereine und Sportler ernst genommen werden.“
[Anmerkung: Das Statement wurde leicht gekürzt]
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David Dietz, FDP (Wahlkreis 204):
„Als Liberaler sehe ich es als notwendig an, eine Balance zwischen der Wahrung von Natur- und Umweltschutz auf der einen Seite und der Wahrung der Rechte und Interessen der Bürger auf der anderen Seite zu finden. Besonders in einem dicht besiedelten Gebiet wie dem Inselrhein, in dem sowohl die Natur als auch der menschliche Bedarf an Erholung und sportlicher Betätigung von großer Bedeutung sind, muss ein pragmatischer Ansatz gewählt werden.
Es ist unbestreitbar, dass Naturschutz eine hohe Priorität genießen muss – aber gleichzeitig darf der Schutz der Natur nicht zu einer pauschalen Einschränkung von Aktivitäten führen, die in vielen Fällen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Gegebenheiten umsetzbar sind. Der Naturschutz darf nicht zu einem Alleinvertretungsrecht werden, das jegliche menschliche Nutzung der Natur verbietet, ohne die tatsächlichen Auswirkungen solcher Maßnahmen zu prüfen.
Die Entscheidung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, ein Befahrungsverbot auszusprechen und sich dann wieder zurückzuziehen, zeigt, wie unklar und wenig durchdacht die Regelungen in dieser Region bisher gehandhabt wurden. …
… Ich unterstütze grundsätzlich eine naturverträgliche Ausübung von Wassersport und Sport im Allgemeinen, wenn diese – wie in Ihrem Fall – in einem Gebiet stattfindet, das nicht isoliert, sondern mitten im Leben der Menschen und im Einklang mit den Anforderungen der Umwelt steht. …
… Eine reine Fixierung auf Verbote ist der falsche Weg, wenn gleichzeitig Alternativen gesucht werden können, die sowohl dem Naturschutz als auch der notwendigen Freizeitgestaltung gerecht werden.
Ich danke Ihnen für Ihr Engagement und versichere Ihnen, dass ich Ihre Anliegen ernst nehme und mich für eine Lösung einsetzen werde, die die richtigen Prioritäten setzt.“
[Anmerkung: Das Statement wurde leicht gekürzt]
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Martin Rabanus, SPD (Wahlkreis 177):
„Ich halte die bestehenden Regelungen für vollkommen ausreichend. Wir dürfen über die Belange des Naturschutzes die Bedürfnisse der Menschen nicht vergessen, zumal im Wassersport der Naturschutz im Sinne eines umfassenden Tier- und Gewässerschutzes einen herausragenden Stellenwert hat. Als Wassersportler weiß ich, wovon ich rede.“
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Ayse Asar, Grüne (Wahlkreis 177):
„Hier geht es um eine ausgewogene Güterabwägung, die aus meiner Sicht vorzunehmen ist.
Wassersportarten wie Sport insgesamt tragen nicht nur zur körperlichen Fitness, sondern auch zur mentalen Erholung und sozialen Vernetzung bei, was für die Gesellschaft insgesamt von großer Bedeutung ist. Im Winterhalbjahr ist das Gebiet zudem für den Wassersport ohnehin gesperrt. Auf der anderen Seite hat das Gebiet den Status als Schutzgebiet, was eine gewisse Vorsicht bei der Nutzung erforderlich machen könnte.
Aus meiner Sicht sollte das Ziel sein, Kompromisse zu finden, wie etwa – soweit zwingend notwendig – abschnittsweise Sperrungen oder Schutzbereiche. Eine komplette Sperrung erscheint mir als unverhältnismäßig. Ich halte es für wichtig, einen offenen und sachlichen Bewertungsprozess abzuwarten, bei dem die Interessen beider Seiten angemessen berücksichtigt werden.“
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Anfrage
Das ist der Text, den wir an die Kandidatinnen und Kandidaten gesandt haben:
„Wir möchten von Ihnen erfragen, welche Position Sie und Ihre Partei grundsätzlich in einem Konflikt zwischen Ausübung von naturverträglichem Wassersport und überzogenen Naturschutzforderungen beziehen. Im konkreten Fall geht es um die Ilmenaue – Fulder Aue (Rheinkilometer 530-525).
Dort hat die die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD), Rheinland-Pfalz, im Sommer 2024 ohne jede Vorankündigung aus Naturschutzgründen ein Befahrungsverbot erlassen, dieses nachher wieder ausgesetzt und sich Ende Januar 2025 mit der Erklärung, nicht zuständig zu sein, aus dem Verfahren völlig zurückgezogen. Der Fall wird nun an das Bundesverkehrsministerium abgegeben, weil es sich in dem betreffenden Gebiet um eine Bundeswasserstraße handelt.
Das betreffende Gebiet, eine flache Stillwasserzone in einem Naturschutzgebiet, wird traditionell zur Ausbildung und zum Training (u.a. im Sportunterricht) von Paddlern, Ruderern und Seglern von Vereinen auf beiden (!) Rheinseiten genutzt. Begründet wurde das Verfahrensverbot mit der Störung von dort vorübergehend rastenden oder brütenden Vögeln. Dazu wurden Gutachten herangezogen, die sich aber nicht auf dieses Revier, sondern auf Gebiete oft fernab menschlicher Besiedelung beziehen. Hier jedoch verläuft Europas verkehrsreichste Binnenwasserstraße nur durch einen Steindamm getrennt, daneben zwei Bahnlinien und dicht darüber fliegen Hubschrauber der US-Army.
Wenn trotzdem Vögel hier einfliegen und brüten wollen, ist das gut. Wenn aber in so einem Gebiet Wassersport als störend betrachtet wird und zu verbieten sei, ist das nicht nachvollziehbar. Im Umkreis dieses Gebiets, am Inselrhein, leben ca. 600.000 Menschen, die hier Natur erleben und in einer einzigartig schönen Landschaft Naherholung suchen wollen.
Wie sehen Sie diesen grundsätzlichen Konflikt? Können und werden Sie Menschen in Ihrem Wahlkreis unterstützen, die hier naturverträglich Sport treiben und Naherholung suchen, oder tendieren Sie eher dazu, dem Primat des Naturschutzes auch natürliche menschliche Interessen in einem dicht besiedelten Gebiet unterzuordnen? Werden Sie uns in diesem konkreten Fall beim Bundesverkehrsministerium unterstützen?“
Claus von Kutzschenbach, Pressesprecher Interessengemeinschaft Inselrhein